Über alltäglichen Luxus und chinesische Geburtstagstraditionen

Kuchen und Kaffee – zwei meiner Schwächen, die ich angesichts der Preise in China wahrscheinlich möglichst bald ablegen sollte. Nachdem ich allerdings den ersten Schock in Anbetracht der Rechnung überstanden hatte, wird es einem erstaunlich egal, wie unverschämt teuer der mickrige Cappuccino ist. Die Preise befinden sich umgerechnet in einem Rahmen von3€ bis durchaus auch Mal 5€ pro Cappuccino. In Deutschland hätte ich einem Café mit solchen Preisen wohl keinen zweiten Besuch abgestattet. Generell ist das Verhältnis zu Geld hier so eine Sache für sich. Das Gefühl für angemessene Preise ist durch die unterschiedliche Wertigkeit des RMB im Vergleich zum Euro, zumindest bei mir, ab Tag eins in China abhandengekommen. Oftmals bekomme ich beim Blick ins Portemonnaie zunächst Freudenausbrüche über so viele Scheine, bis mir eiskalt bewusst wird, dass es ja RMB sind und ich effektiv nur ca. 30€ mein Eigen nenne.


Zusätzlich erschwert wird das Einschätzen durch die teilweise sehr abweichenden Preise für bestimmte Produkte. Während Fleisch und warme Mahlzeiten mit einem deutschen Gehalt im Allgemeinen spottbillig erscheinen, bekommt man beim Umrechnen der Preise von Kaffee, Obst und anderen Dingen, die essentiell für mein Frühstück sind, ganz schnell das Gefühl, man sollte schnellstens mit dem Konsum dieser Produkte aufhören. Meine deutschen alltäglichen Komfortprodukte werden hier zum Luxus.
Immerhin muss man sagen, dass der überteuerte Cappuccino meistens sehr gut ist. Schlechten habe ich hier noch nie erhalten und eigentlich beherrscht jedes Café Latte Art, was den Preis einigermaßen wieder rausholt. Mein Plan des langsam heruntergeschraubten Konsums westlicher Luxusgüter steht allerdings trotzdem – an den Erfolg glaube ich allerdings selber noch nicht so ganz.


Einen guten Anfang habe ich letzte Woche, beim Verzicht auf einen Geburtstagskuchen gemacht. Statt Kerzen zum auspusten gab es die chinesische Geburtstagstradition. Das Geburtstagskind bekommt hier anstelle eines Kuchens eine Nudelsuppe. Dabei gilt, je länger die Nudeln, desto besser. Schließlich repräsentieren sie die Länge des eigenen Lebens. Oftmals bekommt das Geburtstagskind von jedem anderen Gast die längste Nudel aus der eigenen Suppe.
Gegessen werden muss die Suppe natürlich mit Stäbchen und ohne die Nudeln abzubeißen – wer will schon seinen eigenen Lebensstrang durchtrennen? Für die „Advanced mit Stäbchen Esser“ kann die Schwierigkeitsstufe natürlich noch gesteigert werden. Man kann sich daran versuchen alle Nudeln in einem einzigen „Einschlürfen“ aus der Suppe zu essen. Diese Stufe war für mich allerdings nicht annähernd im Bereich des Möglichen – Ich habe mich schon mit dem ersten Punkt des nicht Abbeißens schwer getan. Immerhin hatten alle ihren Spaß, mir beim verzweifelten Versuch zuzusehen, annähernd kultiviert meine Suppe zu essen. Der Entertainment-Faktor für sämtliche Beteiligten ist auf jeden Fall sehr hoch.

再见

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